Hochgebirgswanderung Stubaier Höhenweg

( 23.08.2020-26.08.2020)

Lange war unklar, ob wir diese Tour überhaupt durchführen können. Die im Frühjahr, wie aus heiterem Himmel sich plötzlich weltweit ausbreitende Corona-Pandemie, zeigte unserer Gesellschaft und jedem Einzelnen wie verletzlich wir in unserer globalisierten Menschen-Gemeinschaft sind. Ein Virus hat plötzlich die Welt verändert: Lock-down, Hüttenschließungen usw. Doch im Sommer zeichnete es sich ab, dass auch Bergsport unter Corona Bedingungen mit Einschränkungen wieder machbar ist. Es war eine logistische Meisterleistung unseres Bergführers, die Hütten zu reservieren und die sich ständig ändernden Corona-Bedingungen im Vorfeld für uns abzuklären. Um es vorwegzunehmen: es hat alles bestens geklappt. Unsere Tourengruppe bestand dieses Jahr aus 2 Frauen und 6 Männern, hinzu kam unser bewährter Bergführer Franz. Neu dabei waren Marina und Michael; Beide hatten sich bestens in unserer Gruppe integriert. Ein Großteil der Gruppe reiste aufgrund der längeren Fahrstrecke bereits am Samstag an und traf sich abends zum Essen beim Italiener in Neustift; Siggi Schemel, ein wie sich herausstellte bekanntes Gesicht im Stubai, organisierte kurzfristig die Übernachtungen für uns.

1.Tag: Oberiss-Alm – Franz-Senn-Hütte – Neue Regensburger-Hütte

Ausgangspunkt unserer diesjährigen Bergwandertour war der Parkplatz bei der Oberiss-Alm (1742 m)die den Talschluss des Oberbergtals bildet. Das Oberbergtal ist ein 10 km langes Hochtal, das bei Milders vom Stubaital abzweigt. Nachdem auch die Nachzügler (die, die am Sonntagmorgen anreisten) eingetroffen waren konnten wir um ca. 10:00 Uhr bei schönstem Bergwetter unsere Tour beginnen. Nach 400 Höhenmetern und 2 Stunden bergauf erreichten wir die Franz-Senn-Hütte (2147). Franz Senn war Pfarrer, er wurde auch „Gletscherpfarrer“ genannt und gründete 1869 mit anderen zusammen in München den Deutschen Alpenverein. Ab der Franz- Senn-Hütte befanden wiruns nun auf dem „Stubaier Höhenweg“ (rot-weiß-rote Markierung). Dieser ist insgesamt fast 100 km lang und kann in 8 Etappen begangen werden. Franz hatte für dieses Jahr ein Teilstück von 3 Etappenfür uns ausgesucht. Nach einer kleinen Stärkung auf der Hütte ging es weiter Richtung Neue Regensburger Hütte. Leider mussten wir uns wieder von Ellen und Agnes verabschieden, welche wieder ins Tal abgestiegen sind; sie hatten das Partyleben in Neustift einer anstrengenden Tour vorgezogen. Von der Hütte ging es zunächst ohne Aufstieg Tal auswärts, die Sonne machte sich ab jetzt rarer und war bald nicht mehr zu sehen, es wurde neblig und die Sicht schlechter, aber zum Glück regnete es nicht. Über „Platzengrube“ und „Unnützes Grübl“ führte unser Weg nun über eine anstrengende Steilstufe zwischen Geröll und Schutt in die „Schrimmennieder-Scharte“ auf 2714 m hinauf. Nach dem Aufstieg folgte der Abstieg in vielen Serpentinen durch das „Schrimmenkar“ hinab zur Neuen Regensburger Hütte (2286 m). Es war eine lange und anstrengende Etappe, als wir gegen 17:00 Uhr, nach 11 km und 1000 Höhenmetern unsere Unterkunft erreicht hatten. Die für über 4 Millionen Euro generalsanierte Hütte bot uns einen ungewohnten Komfort und wir fühlten uns hier auch unter Corona-Gesichtspunkten stets gut aufgehoben. Ein Highlight zu später Stunde war dann noch das Champions-League-Finale Bayern München gegen Paris St. Germain für alle Fußballinteressierte.

2.Tag: Neue Regensburger Hütte – Dresdner Hütte

Die 2. Etappe war die anstrengendste und längste unserer diesjährigen Tour. Franz hatte auf Anraten der Hüttenwirtin das Frühstück auf 6:00 Uhr angesetzt, Abmarsch war um 7:00 Uhr. Auch heute hatten wir wenig Aussicht, es war neblig, aber es blieb trocken. Unser Weg führte uns von der Hütte aus durch das herrliche Hochtal des „Hohen Moos“ am „Falbesoner See“ vorbei auf die Passhöhe „Grawagrubennieder“, mit 2881m auch der höchste Punkt des Stubaier Höhenweges überhaupt. Hierbefanden wir uns über weite Strecken in hochalpinem Gebiet. Über den Schutt und viel Geröll des nahegelegenen Hochmoosferners gelangten wir nach ca. 3 Stunden über einen seilversichertenAnstieg auf die Passhöhe. Nach kurzer Verschnaufpause und kleiner Stärkung an einer windgeschützten Stelle folgte ein langgezogener Abstieg Richtung Mutterberger See und zur „Wilden Grube“. Nachdem die Sicht nun etwas besser wurde, konnten wir die wunderschönen Stubaier Gletscherberge mit ihren herabstürzenden Gebirgsbächen erkennen und genießen. Leider mussten wir aber auch feststellen, dass sich die Gletscher immer weiter zurückziehen und jede Menge Geröll freilegen. Ab der „Wilden Grube“ ging es auf einer Schotterstraße wieder mühsam 300 m bergauf. Ein Teil des Weges wurde Franz von einem Schafbock begleitet. Allem Anschein nach verstanden sich die beiden prächtig. Ob er Franz wohl auf den richtigen Weg führte? Ab dem Sattel „Egesen Nieder“ (2506m) ging es steil bergab zur Dresdner Hütte (2302m), die wir schon von weitem sehen konnten. Nach 7 Stunden Wanderzeit, 13 km Wegstrecke, 900 Höhenmeter Aufstieg und 900 Höhenmeter Abstieg hatten wir unsere Unterkunft glücklich erreicht. In der gemütlichen Gaststube ließen wir diesen anstrengenden Tag bei einem vorzüglichen Abendessen ausklingen. Zu später Stunde suchte dann die hübsche Bedienung zur Überraschung der Anwesenden noch einen „Herrn Spinner“? Auf der Klobrille wurde ein Geldbeutel aufgefunden! Dieser gehörte unserem Nico. Er hatte diesen Ort, weil es so kalt war, schnellstmöglich verlassen und sich ins Bett gelegt. Doch sein Vater war großzügigund zahlte der Findergruppe eine Runde Schnaps als Finderlohn und die Sache war gegessen…

3.Tag: Dresdner Hütte – Nürnberger Hütte

Am dritten Tag schien endlich die Sonne und ab jetzt hatten wir bestes Bergwetter. Von der Hütte ausquerten wir zunächst den Fernaubach über eine Stahlbrücke und erreichten auf steilen und felsigen Pfaden mit einigen Felsstufen und Seilsicherung nach ca. 1 ½ Stunden das „Peiljoch“ (2676m); es war ein landschaftlich sehr eindrucksvoller Aufstieg. Oben angekommen bestaunten wir die imposante Kulisse des Stubaier Hauptkamms mit dem „Zuckerhütl“ (3507m) und dem „Sulzenauferner„. Höchst abwechslungsreich gestaltete sich auch der Abstieg zur Sulzenauhütte. Er führte zunächst in Serpentinen bergab, dann an einer Felswand mit Drahtseilsicherung und Trittstufen aus Metall entlang; immer im Blick die Gletscherwelt des Stubai mit ihren Gletscherseen. Talseitig lag der See der „Blauen Lacke“ und ein Wildbach (Sulzenaubach) transportierte das Gletscherwasser an der Sulzenauhütte (2196m) vorbei ins Tal. Auf der Terrasse der herrlich liegenden Sulzenauhütte stärkten wir uns und genossen bei Sonnenschein das Bergpanorama. Auf unserem Weiterweg Richtung Nürnberger Hütte überquerten wir mehrere kleine Bäche und erreichten schließlich den „Grünausee„ (2330m), den größten See der Stubaier Alpen, ein Anblick wie aus dem Bilderbuch. Mehrere herrlich gelegene kleinere Bergseen folgten auf unserem weiteren Weg. Kurz danach trennte sich unsere Gruppe. Die Leistungsstärksten, allen voran unser Vorstand, sowie unser Junior Nico wählten den Weg über die Mairspitze (2775 m); warum Marina hier nicht mitging, war für die meisten nicht ganz verständlich! Der Rest der Gruppe mit Bergführer Franz kürzte ab und erreichte über das „Niederl“ (2629 m) die Nürnberger Hütte (2297 m). Der steile Abstieg war zwar anstrengend bereitete aber mit den Stahlseilversicherungen keine größeren Probleme. Fast zeitgleich trafen sich beide Gruppen bei der Nürnberger Hütte wieder. Bei Weizenbier und Kaiserschmarren auf der Sonnenterasse der Hütte waren die Strapazen des Tages schnell vergessen. Die Nürnberger Hütte ist eine noch traditionell erhaltene Berghütte mit einer heimeligen Gaststube.

4.Tag: Nürnberger Hütte – Ranalt

Am vierten Tag mussten wir Abschied nehmen vom Stubaier Höhenweg, es folgte der Abstieg ins Langental, zunächst über einen schmalen Bergweg hoch über dem Tal. Doch plötzlich führte unser Weg einen felsigen Hang 700 m steil bergab, hier war Trittsicherheit gefordert. Am Talboden angekommen hatten wir das Grau der Berge endlich verlassen, wohltuend für das Auge das Grün der Almwiesen mit der entsprechenden Vegetation. Bei der nahegelegenen B`suchalm (1580 m) genehmigten wir uns noch einen Frühschoppen, wir waren die einzigen Gäste an diesem Morgen. Anschließend ging es auf einem breiten Forstweg weiter durchs Langental und zur Bushaltestelle Forstweg. Nach 40 km, 3000 Höhenmeter im Aufstieg und 3200 Höhenmeter im Abstieg hatten wir unser Ziel erreicht. Von hier gelangten wir mit dem Bus nach Neustift. Anschließend folgte die Heimreise, wir hatten Glück und keinen Stau. In der Grässelmühle in Obersasbach ließen wir die diesjährige Hochtour ausklingen. Ein Dank gilt unserem Bergführer Franz für die wie immer perfekte Organisation und Leitung der Bergtour.

Josef Fischer